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Niederlage, Juni 1413
Unbarmherzig ist die Zeit, Diago. Denn sie spielte mir einen
verhängnisvollen Brief zu. Ich öffnete ihn in der
Erwartung neues von Zelios, Radu oder von dir zu erfahren, doch
von keinem dieser stammte er. Er entstammte der Feder von Jaques
Fautiers, dem Sire des verstorbenen Louis. Er beschuldigte mich
des Mordes an seinem Childe und mehr noch, er verfluchte mich.
Es stünde in seiner Macht mich auf der Stelle zu Asche
zerfallen zu lassen, doch er hätte sich eine Bestrafung
speziell für mich einfallen lassen. Mein eigenes Blut solle
mich verraten, wie ich das seine verraten hätte.
Um ehrlich zu sein, ich nahm all dies nicht ernst. Hätte
er wirklich die Macht mich mit einem einzigen Brief zu töten,
er hätte es getan, ausserdem spürte keine Einschränkung,
kein Gefühl von Schwäche, nichts. Familienbande,
Juli 1413
Raoul, mein Vater, besuchte mich. Doch was sage ich 'besuchen',
er bat um kein Gespräch, bat nicht um Einlass, nein. Er
kommandierte meine Wachen herum als seien es seine Diener, trat
uneingeladen in meinen Audienzraum als gehöre das Schloss
ihm, und das tat es in seiner Vorstellung ja auch schon. Im
Nachhinein glaube ich auf nichts weiter als eine Rufschädigungskampagne
hereingefallen zu sein.
Es begann bereits damit, dass er mir gleich nach einer mehr
förmlichen Begrüßung einen Befehl erteilte,
einen Befehl! Mir! Wir sollten uns nach Mediasch begeben und
dem Prinzen Nova Arpad einen Gefallen tun. Auf die Frage warum
wir gerade dieser eingebildeten Ventrue dienen sollten
gab er mir eine einfache Antwort. Er und seine Kameraden schuldeten
ihr etwas und wir schuldeten ihnen etwas. Ich fand mich damit
ab. Einem fast-Elder wie mir so etwas aufzuerlegen war dreist,
jedoch nicht ungewöhnlich. Ich rief neben Fabien also auch
Ladislas und Piere zusammen und wir machten uns auf den Weg.
Raoul und seine Gefährten quartierten sich derweil in meinem
Heim ein. Mediasch
Das Gesicht von Mediasch wurde in der Nacht unserer Ankunft
von einem Bürgerprotest geprägt. Direkt vor dem Schloss
wurden wir Zeuge wie ein Aufständischer von Stadtwachen
gefangen genommen wurde. Schön zu sehen, das auch Ventrue
in ihren Domänen verwundbar sind. Nova Arpad begrüßte
uns mit gebotenem Respekt und erwarteter Hochnäsigkeit.
Die Aufgabe, die die Patrizierin uns schilderte war ein Juwelendiebstahl.
Vermutlich begangen von einer Zigeunergruppe, die vor zwei Wochen
Mediasch richtung Schaasburg verlassen hatte. Diese Schmuckstücke
sollten wir ihr nun wiederbringen. Als sie mit ihren Ausführungen
fertig war sahen wir uns einen Moment lang verwirrt an. Das
war alles? Keine Bedrohung durch fremde Kräfte, keine verworrene
Intrige, nur Schmuck? Tatsächlich, nur Schmuck. Erbstücke,
wie sie erwähnte. Doch trotz dieses angeblich so immensen
ideellen Wertes schien ihr keine Eile geboten zu sein, denn
sie bat uns den Tag über ihre Gäste zu sein und mit
ihr zusammen am nächsten Abend der Hinrichtung eines Aufrührers
beizuwohnen.
Interessanterweise stellte sich der Hinzurichtende als eben
jener heraus, den wir vor dem Schloss gesehen hatten. Während
der arme Tor nun so blutig vor unseren Augen gevierteilt wurde,
oder wurde er erhängt, ich kann mich nicht mehr erinnern,
überlegte ich. Was wollte Nova Arpad erreichen? Wollte
sie unsere Reaktionen testen oder bereitete ihr das Quälen
von Menschen tatsächlich Freude. Ich sollte diese Schwäche
im Auge behalten. Weiterhin schien ihre Herrschaft mehr als
die aller anderen Öl ins Feuer der Revolution zu giessen,
auch das merkte ich mir. Auf der
Strasse
Ich war erleichtert endlich aufzubrechen und tauschte selbst
die staubigen Strassen Siebenbürgens gerne gegen den Palast
der Ventrue ein. Wir legten ein gutes Tempo vor, teilten
die Fahrer in Schichten ein um weit in den Tag reisen zu können.
Nach drei Tagen nahmen wir die Spur der Zigeuner auf. Nur zwei
Tage waren sie uns voraus, und so ritten wir weiter. Hier endlich
holte mich meine Vergangenheit ein. Einen Tag, bevor wir das
Lager der Schausteller erreichten erwachte ich am Abend mit
ungewöhnlich starkem Hunger. Ich labte mich sogleich an
einem Diener, doch ich trank und trank und und als ich endlich
gesättigt war, da war er schon ganz bleich und müd'.
Am nächsten Abend dasselbe, ich ignorierte es und liess
mir nichts anmerken, als wir ausstiegen um uns das bunte Lager
der Zigeuner anzusehen. Wir mussten nicht lange suchen, wir
mussten überhaupt nich suchen, denn der verlorene Schmuck
kam zu uns. Das prachtvolle gesuchte Amulett Nova Arpads hing
um den Hals einer alten, bleichen Frau mit sanftem Lächeln.
Sie war die einzige, die sich auf uns zu bewegte, der Rest der
Bande verzog sich. Wir sahen reich aus, jung, ideale Opfer für
Gauner und Trickser wie dieses Volk. Und doch verspürten
sie Vorsicht, Angst, Angst vor uns, obwohl wir nichts taten,
wir waren nur da. Nie zuvor und seit dem nie wieder erlebte
ich wie sehr unsere Veränderung auch nach aussen hin spürbar
war. Nichtsdestotrotz bewegte sich die Frau sicher auf uns zu
und in ihrem bleichen Gesicht erkannten wir eine der unseren,
wenn auch nicht eine der uns gleichen. Freundlich fragte sie
uns nach unseren Wünschen, doch ohne ihr Zeit zu lassen
unsere Gedanken abzulenken forderten wir die Herausgabe der
Schmuckstücke ohne Bedingungen und Wiedergutmachung. Sie
zeigte sich verhalten kooperativ und bat uns diese Sache diskret
in ihrem Zelt zu besprechen. Als wir dort waren bat sie darum
die Karten für uns legen zu dürfen. Wir liessen sie
gewähren. Nicht nur erschien es uns unvorteilhaft ihre
Traditionen mit Füßen zu treten, die Güte und
Implikationen ihrer Weißsagung würde uns Aufschluss
über ihre Motive geben. Delizabietas
Visionen
Während sie die Karten auslegte konzentrierte ich mich
ganz auf die Weißsagerin, lauernd ob eines Anzeichens,
das sie versuchen würde uns mit einer falschen Vorhersagung
in die Irre zu führen. Dies ist, was sie sah: "Große
Mächte, die sich eurer Kontrolle entziehen, und ihr in
deren Mitte" "Großes Unheil. Euer Herz wird
durchbohrt von den Konflikten um euch herum, die drohen euch
wegzunehmen, was euch am teuersten ist." "Preisgabe,
die die euch in der Vargangenheit unterstützten, ziehen
diese Unterstützung bereits zurück, da sie euch als
Bedrohung empfinden. Dieses Dilemma ist die Basis vieler anderer."
"Tradition und Glaube, die Macht die Geheimnisse der Zukunft
zu enträtseln liegt direkt vor euch." "Tod,
dies bedeutet Verwandlung und Erneuerung. Ihr erlebted erst
vor kurzem eine solche Verwandlung die eure zukünftigen
Handlungen bestimmen wird." "Gleichgewicht, eure
Entscheidungen werden das delikate Gefüge um euch herum
in die eine oder andere Richtung steuern." "Erfüllung,
sie regt sich in euch. Ihr habt schwierige Zeiten durchlebt
und etwas in euch sehnt sich danach eurer Existenz einen Sinn
zu geben. Doch fürchtet ihr für immer eines anderen
Spielfigur zu bleiben." "Versuchung. Das Schicksal
wird auch von jenen bestimmt die euch mit Versprechungen dazu
verleiten wollen ihren Willen zu erfüllen. Entscheidet
weise, vor euch liegt eine Zeit voller Prüfungen."
"Sättiging, euer Wunsch eure Ziele zu erreichen, was
auch immer sie sein mögen. Eine Trügerische Karte
denn ihr könntet schliesslich etwas großes erreichen,
nur um festzustellen das ihr euch eigentlich nach etwas anderem
sehnt." "Die letzte Karte ist das Glücksrad.
Bestimmung, der Gipfel von allem was zuvor war. Wie sich das
Rad dreht wiederholt sich auch die Welt in einem unendlichen
Zyklus. Doch hier seit ihr jene, die das Rad drehen. Ihr seit
Teil des Schicksals und selbst eure eigene Bestimmung."
Feuer und Schwert
Nun war alles still. Überwältigt hörte ich zunächst
nicht einmal die aufgeregten Rufe aus dem Lager. Erst als aus
Rufen Schreie und Verwünschungen wurden, schreckten wir
auf und stürmten nach draussen. Einige Zelte brannten,
die Einwohner rannten in heller Panik vor den gepanzerten Reitern
davon, die sich wahllos durch ihre Reihen metzelten. Zweifellos,
hier war die Inquisition am Werke. Delizabieta war verzweifelt.
Diese Menschen, ihre Herde, war nicht dafür gewappnet sich
diesen Rittern zu erwehren. In ihrer Panik versprach sie uns
alles zu geben, weswegen wir gekommen waren, wenn wir ihr nur
helfen würden. Also griffen wir sie an. Schon lange stand
mir der Sinn danach, ein Exempel an solchen Handlangern zu statuieren.
Als wir aus dem Zelt auf den Platz traten und unsere Waffen
zogen entdeckten uns die Reiter und begannen uns einzukreisen.
Ich rief Schattenarme zu meiner Hilfe um den anstürmenden
Pferden die Beine wegzuziehen, doch nichts geschah. Meine Kräfte
versagten. Dann waren sie bei uns. Ich zog mein Schwert, wehrte
die Angreifer ab und sah mich nach einer günstigen Position
um, doch sie hatten uns bereits eingekreist. Was folgte war
ein blutiges Gemetzel wie ich es selten erlebt habe und obwohl
die Inquisitoren am Ende tot zu unseren Füssen lagen war
der Preis fürchterlich. Hungrig und zerschunden war jeder
einzelne von uns und mehr noch. Ihr Anführer hatte über
den wahren Glauben verfügt. Am Ende hatte er ihm nicht
geholfen doch auch ich war schwer verwundet, verbrannt durch
seine Worte. Zornig stach ich noch ein par mal auf den Toten
ein. Ich fühlte mich geschlagen, meine Schwäche hätte
mich beinahe das Leben gekostet. Doch wir waren siegreich trotz
allem und erhielten von Delizabieta alle Schmuckstücke
die sie hatte. Doch es waren nicht alle.
Doch der Dieb war mit dem Rest der Beute allein in den undurchdringlichen
Wäldern Transylvaniens verschwunden. Wir durchkämmten
das Land noch zwei Tage nach ihm, dann kehrten wir zurück
nach Mediasch. Demütigung
Wir präsentierten Nova Arpad unsere Beute. Doch sie war
zornig auf uns. Sie warf uns vor unfähig und der Prinzenwürde
nicht wert zu sein. Ich fuhr sie meinerseits an gleichgestellte
wegen ein par lumpiger Klunker herumzukommandieren. Aufgebracht
verliessen wir Mediasch richtung Alba Iulia, wo unsere Sire
uns bereits erwarteten.
Ebenso wie Nova Arpad waren auch sie aufgebracht, das ihre Schuld
noch nicht getilgt war. Ganz sicher würde Raoul keine Zeit
verschwenden die Kunde meines Versagens zu verbreiten. So wollte
er es also anstellen. Nun gut, ich war gewarnt.
Auf bald
Ubiquios
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